Neue Staatsanleihenkäufe der EZB?

Zuletzt aktualisiert & geprüft: 05.12.2019


Nicht nur am Anleihenmarkt wird derzeit interessiert auf die Europäische Zentralbank (EZB) geschaut. Jüngst äußerte sich Notenbankvize-Präsident Vítor Constâncio zu dem Thema mögliches neues „Staatsanleihenkaufprogramm“ der EZB.
In gewohnt umständlicher Zentralbankersprache wurde mitgeteilt, dass die Zentralbank „die langfristigen Inflationserwartungen stabil halten wolle“, und dazu würden die notwendigen Maßnahmen ergriffen.

Bedeutet im Klartext: Die Inflation ist derzeit unter dem Zielwert (was zu anderen Zeiten als Erfolg gegolten hätte). Um die Inflation zu erhöhen, sollen die Zinsen auf dem sehr niedrigen Niveau bleiben, und es stehen möglicherweise Käufe von Staatsanleihen durch die EZB an.

Laut N24 scheint dem EZB-Vorsitzenden Mario Draghi im 24köpfigen EZB-Rat eine Mehrheit für Staatsanleihenkäufe sicher. „Die Fed hat es vorgemacht“, heißt es entsprechend bei N24.
Alleine die Gerüchte um ein Staatsanleihenkaufprogramm der EZB – welches im ersten Quartal 2015 beschlossen werden konnte – reichten aus, die Kurse von Staatsanleihen der Euro-Zone nach oben zu treiben.

  • So fiel die Rendite spanischer 10jährige Anleihen erstmals in diesem Jahr unter 2%. Wenn die spanische Regierung neue 10jährige Anleihen emittieren möchte, orientiert sie sich an diesem Marktzins – das heißt, sie könnte für rund 2% Anleihen platzieren. Das ist äußerst attraktiv.
  • Und das gilt auch für Italien. Staatsschulden von über 100% des BIP? Das kümmert derzeit nicht. Die Rendite 10jähriger italienischer Staatsanleihen fiel auf gut 2,1% und damit auf ein Rekordtief.
  • Von den französischen 10jährigen Anleihen ganz zu schweigen, bei denen die Rendite auf nur noch gut 1% fiel.

Den niedrigsten Wert gab es – wieder einmal – bei deutschen Bundesanleihen. Die Verzinsung 10jähriger deutscher Staatsanleihen fiel in den letzten Tagen auf zwischenzeitlich nur noch rund 0,7%. Der Bund-Future erreichte zwischenzeitlich ein neues Allzeithoch.

Dieses Niedrigstzins-Szenario wird durch die Geldpolitik der EZB beflügelt.

Wenn diese im ersten Quartal 2015 auch noch ein massives Anleihenkauf-Programm starten sollte, weiß ich nicht, wie weit die Zinsen noch fallen können – wir sehen schließlich bereits historische Tiefststände!
Das macht Staatsanleihen derzeit generell zu einer nicht besonders attraktiven Alternative für Investoren.
Und nicht nur Staatsanleihen – auch bei Unternehmensanleihen sind die Renditen im Keller, außer natürlich bei Hochrisiko-Anleihen (und da heißt es oft „hohes Risiko, mäßige Zinsen“).
Ein Beispiel: Der Finanzdienstleister „Crédit Agricole Home Loan SFH“ konnte Ende November am Börsenplatz Stuttgart eine Anleihe im Volumen von immerhin einer Milliarde Euro einführen. Laufzeit bis 2022, Stückelung 1.000 Euro je Inhaberschuldverschreibung.
Die Rendite? Gerade einmal 0,625% pro Jahr!
In diesem Umfeld der unattraktiven Zinsen bei Anleihen haben auch institutionelle Anleger wie Lebensversicherungen Probleme, ihr Geld „sicher“ anzulegen und damit solide Zinsen zu erzielen.
Dieser Faktor könnte andere Anlageklassen durchaus beflügeln.

Klarstellung

Und auch hier gilt: Dies ist meine rein subjektive Einschätzung und keine Aufforderung an Sie, mit Anleihen zu handeln. Betrachten Sie meine Zeilen als Gedankenanstoß, nicht mehr und nicht weniger. Es geht um Ihr Geld – verantwortlich dafür sind Sie ganz alleine. Wir recherchieren nach bestem Wissen und Gewissen, übernehmen aber keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.